Kassel gedenkt der Bombennacht: Erinnerungen von Zeitzeugin Waltraut Koeppen

Waltraut Koeppen blickt auf eine Kindheit, die tief von den Schrecken des Zweiten Weltkriegs geprägt wurde. Heute, am 22. April 2025, erzählt die 95-Jährige von den markanten Ereignissen, die sich in ihrer Jugend abspielten. Am 22. Oktober 1943 war sie gerade 14 Jahre alt und befand sich mit ihrer Mutter im Luftschutzkeller des Hauses in der Wilhelmshöher Allee in Kassel, als die Stadt von einem massiven Bombenangriff heimgesucht wurde. In dieser schicksalhaften Nacht ertönten um 20.17 Uhr die Sirenen, die rund 225.000 Einwohner warnten.

Von 20.49 Uhr bis 21.11 Uhr griffen 444 alliierte Flugzeuge die Stadt an, warfen 416.856 Brandbomben sowie zahlreiche Sprengbomben und Luftminen ab. Diese Angriffe hinterließen verheerende Spuren: 85 Prozent der Wohnungen und 65 Prozent der Industrieanlagen in Kassel wurden zerstört, während in der Altstadt bis zu 97 Prozent der Fachwerkhäuser einem unbarmherzigen Feuersturm zum Opfer fielen. Der Feuerschein war von über 50 Kilometern Entfernung sichtbar, und die Überreste brannten tagelang.

Erinnerungen an die Bombennacht

Waltraut erinnert sich lebhaft an die schrecklichen Bilder, die sie während und nach des Angriffs sah. Leichen lagen auf dem Lutherplatz, und die Grauen des Krieges hinterließen bei ihr tiefe seelische Narben. „Fast jeder Überlebende hatte Angehörige oder Freunde verloren“, berichtet sie. Diese Tragödie veränderte die Stadt Kassel für immer und hinterließ viele Menschen ohne Zuhause oder Hab und Gut. Die Opferzahlen wurden mit bis zu 10.000 Toten angegeben, während noch viele andere verletzt wurden.

Nach dem Angriff wurde Waltraut im Rahmen der Kinderlandverschickung nach Melsungen geschickt. Nur selten konnte sie ihre Heimatstadt besuchen. Bei einem dieser besuch erfahren sie den tragischen Verlust einer Freundin, die bei einem Bombenangriff ihre Eltern verloren hatte und die sie nie wieder sehen sollte. Nach dem Krieg kehrte sie mit ihrer Mutter nach Kassel zurück, nachdem sie vorübergehend in einem Ersatzquartier in Marburg untergekommen war.

Die Rückkehr und die Nachkriegszeit

Am 8. März 1945, während eines weiteren Großangriffs auf Kassel, wurde ihr Zuhause in der Wilhelmshöher Allee komplett zerstört. Waltraut erlebte das Kriegsende in Marburg. Die dort eintreffenden amerikanischen Soldaten wurden von der Bevölkerung als Befreier wahrgenommen. Ihre Kindheitserinnerungen sind durch das große Leid und die Zerstörung geprägt, doch sie betont die Bedeutung von Dankbarkeit und die Unterstützung durch soziale Verbände und Angehörige. Nach dem Krieg arbeitete sie als Sportlehrerin an der Herderschule und lebt heute in Harleshausen.

Heute gedenkt Kassel jener tragischen Bombennacht mit einer Kranzniederlegung und einem Gedenkgottesdienst in der Martinskirche. Diese Erinnerungen sollen die nachfolgenden Generationen daran erinnern, was sie über den Schrecken des Krieges und die Unverletzlichkeit des Friedens wissen müssen, um so etwas nie wieder zu erleben.

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