Belastung am Amtsgericht Gießen: Justiz fordert dringende Reformen!
Die Arbeitsbelastung am Amtsgericht Gießen hat im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr signifikant zugenommen. Insbesondere die Mitarbeitenden im mittleren Dienst spüren diese Belastung deutlich. Trotz der Herausforderungen bleibt die Verfahrensdauer am Gericht vergleichsweise kurz. Dietrich-Claus Becker, scheidender Vizepräsident des Amtsgerichts, hebt die essentielle Rolle der Justiz für einen freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat hervor. Becker wird Ende Mai 2025 zum Landgericht Gießen wechseln und hinterlässt seine Nachfolgerin, Dr. Marcus Wilhelm, ein Gericht, das sich mit vielen Belastungen auseinandersetzen muss.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer im Amtsgericht weist interessante Zahlen auf:
Verfahrensart | Durchschnittliche Verfahrensdauer 2024 | Durchschnittliche Verfahrensdauer 2023 |
---|---|---|
Zivilsachen | 6,7 Monate | 7 Monate |
Strafrichtersachen | 7,5 Monate | 7,5 Monate |
Schöffengerichtsverfahren bei Erwachsenen | 8,8 Monate | 7,6 Monate |
Jugendrichtersachen | 6,5 Monate | 7 Monate |
Bußgeldverfahren bei Erwachsenen | 4,5 Monate | 4 Monate |
Familienstreitigkeiten | 7,3 Monate | 6,3 Monate |
Steigende Belastungen und Umstrukturierungen
Die Fluktuation im Personal und der Ruhestand erfahrener Rechtspfleger sind als wesentliche Gründe für die hohe Belastung zu nennen. Diese hat sich auch in den mittleren Dienstbereichen erhöht: Die durchschnittliche Belastung stieg von 117 Prozent im Jahr 2023 auf 122 Prozent im Jahr 2024. Bei den Rechtspflegern liegt die Belastung mittlerweile bei 121,77 Prozent. Angesichts dieser Situation fordert Becker organisatorische Veränderungen und die Schaffung neuer Stellen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Ähnlich betont Becker die Notwendigkeit eines respektvollen Umgangs im Gerichtssaal. Ein Anstieg an Aggressionen und Respektlosigkeiten, insbesondere von Personen aus dem Reichsbürgermilieu, hat auch am Amtsgericht Gießen zu einem angespannten Klima geführt. Becker und das Team des Amtsgerichts geben sich jedoch kämpferisch und lassen sich nicht von den Anfeindungen einschüchtern.
Ausbildung und digitale Transformation
Das Amtsgericht Gießen hat sich als „Ausbildungsstandort von Rang“ etabliert und bildet zahlreiche Justizfachangestellte sowie Anwärter für den mittleren Beamtendienst aus. Insgesamt sind gegenwärtig rund 50 Auszubildende am Gericht tätig, und 2024 haben sechs Auszubildende ihre Abschlussprüfung erfolgreich bestanden. Zudem wird die Einführung der elektronischen Akte (eAkte) in verschiedenen Sachgebieten erfolgreich vorangetrieben, um die Entscheidungswege zu verkürzen und die Flexibilität zu erhöhen. Der Bereich Strafrecht soll im Herbst 2025 folgen.
Die Entscheidungsträger am Amtsgericht sehen sich also sowohl Herausforderungen als auch Chancen gegenüber, während sie eine moderne, effektive und vor allem respektvolle Justiz gewährleisten möchten. Mehr Informationen finden Sie in den Berichten von Gießener Allgemeine, Gießener Anzeiger sowie in einem umfangreichen Hintergrundbericht auf Spiegel.
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Quellen |