Bürgermeister Hartmann bringt seinen Sohn ins Rathaus – Ein neues Vorbild?

In der Stadt Landau zeigt sich ein aufschlussreicher Umgang mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in politischen Ämtern. Der Landauer Bürgermeister Lukas Hartmann von den Grünen bringt seinen acht Wochen alten Sohn Fion häufig ins Rathaus, da ihm formal keine Elternzeit zusteht. Hartmann hatte nach der Geburt seines Sohnes Anfang April vier Wochen Urlaub genommen, um die erste Zeit mit seinem Kind intensiv zu erleben. Diese Regelung ist nicht ungewöhnlich, denn Wahlbeamte, zu denen Bürgermeister, Landtags- und Bundestagsabgeordnete gehören, haben keinen Anspruch auf Elternzeit. Hartmann äußert Verständnis für diese gesetzliche Vorgabe, betont aber, dass er gerne mehr Zeit mit seinem Kind verbringen würde.

Er nutzt die Möglichkeit, Fion zu verschiedenen Veranstaltungen im Rathaus mitzunehmen. Die Reaktionen in der Verwaltung seien überwiegend positiv, was Hartmann als privilegiert empfindet. Er sieht sich dadurch in einer besonderen Position im Vergleich zu anderen Verwaltungsmitarbeitern, die das Recht auf Elternzeit haben. Seine Kollegin, die Speyerer Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler von der SPD, hat ebenfalls die Herausforderungen und organisatorischen Hürden geschildert, die mit der Mitnahme eines Babys verbunden sind.

Elternzeit im Bürgermeisteramt

Seiler, die im Oktober 2022 Mutter wurde und Anfang 2023 wieder im Amt war, überbrückte einen Monat, bevor ihr Mann in Elternzeit gehen konnte. Besondere Herausforderungen sieht sie im Übrigen nicht als ungerecht an, da sie den Status und die Möglichkeiten ihres Mannes anerkennt: Er kann zwei Jahre in Elternzeit gehen. Der Umgang mit der Elternzeit unter Bürgermeistern ist ein umstrittenes Thema. 2010 nahm Tübingers Oberbürgermeister Boris Palmer als erster die Elternzeit in Anspruch. Aktuell nutzen nur 3 Prozent der Bürgermeister in Deutschland diese Möglichkeit während ihrer Amtszeit, obwohl viele das Amt als 24-Stunden-Job betrachten.

Eine Bachelorarbeit zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Bürgermeisteramt zeigt, dass nur 12 Prozent der Bürgermeisterinnen an der Umfrage teilnahmen und der Großteil der Befragten skeptisch gegenüber längeren Abwesenheiten ist. Die sexuelle Differenzierung ist ebenfalls von Bedeutung: Während Frauen in der Regel häufiger Elternzeit in Anspruch nehmen, sind sie im Bürgermeisteramt nur etwa 8 Prozent vertreten. Der Tübinger Oberbürgermeister Palmer bemerkt, dass auch ein guter OB zwei Monate abwesend sein kann, was die Diskussion über eine zeitgemäße Handhabung von Elternzeit hochhält.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) regelt in Deutschland die Rechte und Pflichten von Eltern. Mütter und Väter haben Anspruch auf unbezahlte Auszeit bis zu drei Jahren pro Kind, während das Arbeitsverhältnis ruht und besondere Kündigungsschutzmaßnahmen gelten. Dies gilt auch für verschiedenste Arbeitnehmergruppen, jedoch nicht für Selbständige oder Ehrenamtliche. Im politischen Bereich bleibt der Zugang zur Elternzeit für Beamte und gewählte Vertreter allerdings problematisch.

Die Anmeldefristen zur Elternzeit variieren je nach Bedarf, wobei eine rechtzeitige Anmeldung erforderlich ist. Diese gesetzlichen Rahmenbedingungen stoßen auf gemischte Resonanz. Veränderungen im Rollenbild könnten die zukünftige Inanspruchnahme von Elternzeit durch Bürgermeister beeinflussen, was auch die Debatte um Geschlechtergerechtigkeit im Bürgermeisteramt neu beleben könnte. Die Balance zwischen den Anforderungen des Amtes und den Bedürfnissen einer jungen Familie stellt eine Herausforderung dar, die es zu überwinden gilt.

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