Bäcker in Not: Nachwuchsdefizit bedroht das Handwerk im Landkreis Gießen!

Im Landkreis Gießen macht sich ein besorgniserregender Mangel an Nachwuchs im Backhandwerk bemerkbar. Momentan stehen rund 850 Fachkräfte zur Verfügung, die für die Zubereitung und den Verkauf von Broten, Brötchen und Butterkuchen verantwortlich sind. Andreas Kampmann von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat jüngst betont, dass es dringend notwendig sei, die Berufe in der Backbranche attraktiver zu gestalten. Viele Bäcker müssen bereits mitten in der Nacht aufstehen, was die Arbeitsbedingungen zusätzlich erschwert. Eine aktuelle Umfrage, der „Bäckerei-Monitor“, zeigt alarmierende Ergebnisse: Etwa die Hälfte der Beschäftigten im Backgewerbe arbeitet häufig Überstunden, während über 80 Prozent von großem Zeitdruck und Stress berichten.

Der Personalmangel hat fatale Auswirkungen auf die Arbeitssituation. 84 Prozent der Befragten beklagen, dass dieser Mangel zu spürbaren Belastungen führt. In den 44 Betrieben des Backgewerbes im Landkreis Gießen gibt es derzeit lediglich 45 Auszubildende. Dies ist besonders bedenklich, da in der Branche jeder vierte Azubi einen Migrationshintergrund hat. Laut ngg.net wurde in der Vergangenheit ein Trend beobachtet, dass Bäckereien zunehmend Migranten einstellen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Wachsende Herausforderungen in der Branche

Die Backwarenbranche in Deutschland sieht sich einem tiefgreifenden Strukturwandel gegenüber, insbesondere das Bäckereihandwerk ist stark betroffen. Laut boeckler.de sank die Anzahl der Betriebe in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent, was zu einem Verlust von 20.000 Arbeitsplätzen seit 2014 führte. Der Gesamtumsatz der Branche stieg zwar 2023 auf 21,8 Milliarden Euro, doch der Rückgang der Betriebe und die steigende Zahl der Teilzeitkräfte – von 30 auf 39 Prozent unter den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten – sind alarmierende Indikatoren für die Branche.

Die WHD (Wirtschaftskanzlei Deutschland) führt eine umfassende Branchenanalyse durch, die über eine Literaturanalyse, Statistikauswertung und 27 Interviews mit Verbandsvertretern, NGG und Betrieben hinausgeht. Eine bundesweite Onlinebefragung, welche zwischen dem 3. Oktober 2024 und dem 24. Februar 2025 durchgeführt wurde, ergab, dass 86 Prozent der Beschäftigten von hohem Zeitdruck und Stress betroffen sind. Auch wurden 73 Prozent der Auszubildenden befragt, wobei viele unsicher sind, ob ihre Ausbildung mit einer Übernahme endet. Zudem geben 58 Prozent an, die Vergütung sei zu niedrig.

Ausblick und Zukunft der Branche

Die NGG plant, noch in diesem Jahr mit Arbeitgebern über bessere Arbeitsbedingungen in der Brotindustrie zu verhandeln. Ziel ist es, die Arbeitszeiten zu verbessern und die Belastungen, speziell bei Schichtarbeit, gerechter zu verteilen. Darüber hinaus setzt sich die NGG für die Einführung von Tariflöhnen in allen Bäckereien ein. In einem ersten Schritt sollen auch die Ausbildungsvergütungen angepasst werden. Azubis im Bäckerhandwerk erhalten momentan zu Ausbildungsbeginn 1.020 Euro pro Monat, während sie im dritten Ausbildungsjahr auf 1.230 Euro kommen.

Insgesamt bleibt abzuwarten, ob die geplanten Maßnahmen greifen und die Attraktivität der Berufe im Backgewerbe erhöht werden kann. Die Branche benötigt dringend umfassendere Strategien, um die Anwerbung und Bindung von Fachkräften zu stärken und so der aktuellen Krise entgegenzuwirken.

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